Beitrag von Moritz Schiess
Fast unmittelbar an der Weissensteinstrasse steht er, eingewachsen, verwunschen, ein kleiner gewerblicher Bau in Oberdorf. Ein schmaler Bach schlängelt zwischen Häuschen und Strasse ins Tal, eine Natursteinbrücke ist der einzige direkte Zugang.
Aufmerksam Vorbeigehenden ist es längst aufgefallen, das Ensemble, bestehend aus wohlproportioniertem Haus und Natursteinbrücke über den Wildbach. Die flache Bogenbrücke führt zum traufseitig zur Strasse stehenden, zweigeschossigen Bau mit Satteldach und Teilwalm. Die schöne Dacheindeckung mit historischen Biberschwanzziegeln, alte Fenster und Vorfenster mit Gussglas, das markante und verschalte Vordach mit Freibund und die schön gealterte, ockerfarbene Fassade – aus der Zeit gefallen, stehen geblieben, irgendwann zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Aus welcher Zeit das Haus wohl ursprünglich stammt? Und welche Funktion es gehabt haben mochte? Wer ging hier ein und aus? Die Aura des Verlassenen macht neugierig auf die darin verborgenen Geheimnisse. Das Öffnen einer vor langer Zeit geschlossenen Tür, das erste Betreten nach Jahrzehnten, es ist ein magischer Moment. Er offenbart den direkten Blick in vergangene Tage, man kann sie riechen, kann die Vergangenheit berühren. Wie in einer Zeitreise tritt man unmittelbar aus der Gegenwart hinaus in die konservierte Vergangenheit.
Gleichzeitig ist mit dem Öffnen der Zeitkapsel auch der Zustand der Konservierung beendet, beginnt die Zeit sich wieder zu drehen, bemächtigt sich die Gegenwart ihrer. Im vorliegenden Fall ist das nun der Auftakt zum denkmalpflegerischen Handeln am Objekt. Ziel ist, diesen magischen Moment in die Gegenwart zu retten.
Ich war als ausgewiesener Fachmann für historische Tragwerke von Beginn an in dieses Projekt involviert und durfte die Projektleitung für die Restaurierung übernehmen.
Nach langer, sorgfältiger Arbeit wurde aus einem Abrissobjekt ohne Nutzung durch die Unterschutzstellung und Restaurierung ein Denkmal, an dem unsere Geschichte ablesbar ist und bleibt, auch für kommende Generationen.
Lesen Sie den gesamten Bericht zu diesem Projekt als PDF.
Die Denkmalpflegerin Sara Schibler stellt darin den aus der Zeit gefallenen Bau vor, ich, als projektleitender Zimmermann, berichte eingehend über die vorbildliche Restaurierung von Haus und Brücke.
Impressionen zum Projekt
Farbfotos Simon von Gunten | Schwarzweiss Bilder Repro kant. Denkmalpflege Solothurn.
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